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Ich über mich | Olympia 1972 |
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Quelle: http://rhein-zeitung.de/on/98/01/08/topnews/benimm1.html
Die schlimmsten Fettnäpfchen
Benehmen Sie sich! Hamburg (gms) - Der Termin für die Jubiläumsfeier steht schon fest. Der Chef hat seine Angestellten samt Anhang in das feinste Fischlokal der Stadt gebeten. Nach dem Sektempfang steht ein viergängiges Menü auf dem Plan. Der Hummer droht. Und nicht nur der. Denn die Flegeljahre der Etikette sind vorüber. Es wird wieder verstärkt auf Benimmregeln geachtet Kavaliere der alten Schule müssen manchmal umdenken - viele der alten Benimmregeln haben sich gewandelt. Gutes Benehmen auf beruflichem Parkett und bei privaten Anlässen
ist heute mehr denn je gefragt", sagt die Hamburger Benimm-Expertin Alexa
Hengstenberg. Chefs verlangten neben fachlicher Qualifikation von ihren
Mitarbeitern ein hohes Maß an selbstsicherem und stilvollem Auftreten.
Wer zuerst sieht, grüßt zuerst Wer beispielsweise als Privatperson auf der Straße auf Grußvorrechten
besteht, hat den Zug der Zeit verpasst. "Früher war es üblich,
dass der Rangniedere den Ranghöheren, der Mann die Dame begrüßt.
Heute grüßt derjenige zuerst, der den anderen zuerst sieht",
so Hengstenberg. Ein Vorgesetzer, der erwartet, von seinen Angestellten
beim
Eintreten in einen Raum zuerst gegrüßt zu werden, ist falsch
informiert.
Alte Floskeln sind nicht mehr zeitgemäß Nicht ohne Tücken ist auch das gegenseitige Bekanntmachen. Alte
Floskeln wie "Darf ich mich vorstellen" sind nicht mehr zeitgemäß.
Stattdessen empfehlen Psychologen die "Ich bin"-Version mit Vor- und Nachnamen.
Das klingt selbstbewußt und überzeugend, außerdem werden
zusätzliche persönliche Informationen ausgetauscht. "Besonders
wichtig ist es bei einem kurzen Nachnamen. Der klingt dann nicht so abgehackt",
rät Hengstenberg.
Nach der Vorstellung folgt mit dem sogenannten "Small-Talk" die Kür auf dem glatten Parkett gesellschaftlicher Konventionen. Nicht jedem liegt die leichtfüßige Konversation, in der sich die Gesprächspartner ihre Sätze wie Ping-Pong-Bälle zuwerfen. Oft will das Gespräch einfach nicht in Gang kommen. "Viele wissen einfach nicht, worüber sie mit ihrem Tischnachbarn reden sollen. Dabei kann jeder, der sich für andere interessiert, ein vollendeter Unterhalter sein", weiß Rosemarie Wrede-Grischkat aus Mühltal, Autorin des Benimm-Bestsellers "Hohe Schule des guten Benehmens". Es kommt nur auf die Themen an. Lebensbereiche wie Hobbys, Sport, Beruf, Theater oder Reisen bieten unerschöpflichen Stoff für eine gelungene Unterhaltung. Wrede-Grischkat rät, den Tischnachbarn "mit taktvollen Fragen" etwa nach seiner Lieblingsbeschäftigung aus der Reserve zu locken. "Wenn jemand erst mal bei seinem Steckenpferd ist, fließt das Gespräch von allein", weiß Etikette-Kollegin Hengstenberg. Tabu hingegen sind Konversationskiller wie Betriebsinterna, Politik, persönliche Probleme oder Krankheiten. "Alles Unappetitliche oder Belastende hat im Small-Talk nichts zu suchen. Oder möchten Sie, dass sich jemand detailreich über seine letzte Gallenoperation auslässt, während gebratene Hühnerleber serviert wird?", fragt Hengstenberg. Tischsitten sind wichtig für die Karriere Da kommen auch die Tischsitten ins Spiel. Während sich die Pappritz-Generation auf diesem Terrain zumeist souverän bewegt, fehlt es den antiautoritär erzogenen Kindern der 60er und 70er Jahre an der nötigen Sicherheit. Diese haben die Einstellung "Erlaubt ist, was gefällt." Das rächt sich jetzt. Besonders, wenn es um die Karriere geht. Denn noch heute laden viele Chefs ihre künftigen Mitarbeiter zum "Gabeltest". Wer sich dann die Serviette in den Ausschnitt hängt wie ein Lätzchen, angesichts der vielen Gabeln und Messer ins Schwitzen gerät - das Besteck des ersten Ganges liegt ganz außen, alle folgenden Richtung Teller - und dann beim Fischgang beherzt nach dem Steakmesser greift, hat schlechte Karten. Hengstenberg: "Viele Vorgesetzte verstehen da auch bei Einserkandidaten keinen Spaß und sagen sich: Das war's dann wohl". Von Hedda Möller |