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Blumen, Liebe, Musik - und Drogen:
Die Hippie-Bewegung der 60-er Jahre



I.
Jugend und Verweigerung in den Sechzigern
(aus:Ulrich Harbecke, Abenteuer BUNDESREPUBLIK. Bergisch-Gladbach:
Lübbe 1983, S. 119 f.)


Während sich die junge Bundesrepublik zum wirtschaftlich gesicherten und nach Westen hin auch politisch erfolgreichen Staat entwickelt, während die Kriegs-und Trümmergeneration mehr und mehr zufrieden auf ihre materiellen Leistungen zurückblickt und die Früchte des Wiederaufbaus genießt, ist eine neue Generation herangewachsen. Sie hat in der Schule gelernt, »die gesellschaftlichen Ursachen für Not und Elend, Armut und Hunger zu erkennen«. Ihr wurden die Frauen und Männer des Widerstandes im Dritten Reich als leuchtende Beispiele von Zivilcourage vor Augen gestellt, sie bekennt sich zu den Idealen des Grundgesetzes und erfährt aus den Richtlinien der Staatsbürgerkunde, daß »politische Selbstbestimmung nicht in Gesellschaften verwirklicht werden kann, in denen entscheidende soziale und ökonomische Bereiche demokratischer Gestaltung entzogen werden«.

Zu diesem Konzept einer freiheitlichen und menschenwürdigen Welt stehen die Realitäten jedoch in einem kaum erträglichen Gegensatz. 
- Die »Schutzmacht USA« führt in Vietnam einen nie erklärten Krieg, dessen grausame Härte Tag für Tag in der Tagesschau zu besichtigen ist. 
- Im NATO-Mitgliedsland Griechenland setzt eine Gruppe von Obristen die Verfassung außer Kraft und errichtet eine Militärdiktatur. Oppositionelle Demokraten verschwinden in Konzentrationslagern. 
- Die ausgewiesenen Rüstungsausgaben der Welt erreichen 1967 den Schwindel erregenden Betrag von 165 Milliarden US-Dollar. Das ist viermal mehr, als z. B. für das Gesundheitswesen zur Verfügung steht
- Ein Bürgerkrieg in Nigeria, bei dem auch die Erdölinteressen der Weltwirtschaft eine große Rolle spielen, fordert Tausende von Todesopfern, vor allem unter der Zivilbevölkerung. 
- Die Volksrepublik China zündet am 17. Juni 1967 ihre erste Wasserstoffbombe. Der Atomwaffenbestand der Supermächte beträgt 15 t TNT pro Kopf der Erdbevölkerung. 
- In einem Blitzkrieg mit den arabischen Nachbarn besetzt Israel die Sinai-Halbinsel und die Altstadt Jerusalems. Viele Jugendliche, vor allem in den hoch entwickelten Industriestaaten, verweigern dieser Welt ihre Zustimmung und Mitwirkung.

,,Sie brachen auf zu einem merkwürdigen Stern, in das Land der Wunschlosigkeit. Sie ließen alles zurück, was junge Menschen gewöhnlich erträumen: ein Leben im Wohlstand, gute Erziehung, elegante Wohnungen und rassige Sportwagen. An den Rändern der alten Gesellschaft begannen sie das ungebundene Dasein einer fröhlichen Bohème. -
Es gibt sie in allen hoch industrialisierten Ländern. Sie sind unter uns. Aufsässige Kinder gelangweilter EItern. Angewidert von Materialismus, Gefühlskälte, Ruhelosigkeit, Gewinnsucht und Oberflächlichkeit. Rebellen ohne revolutionäre Alternative, entschlossen nur in der Abwehr der sich ständig steigernden, 
kaum noch erfüllbaren Forderungen der Leistungsgesellschaft,
in der sie keine Zuflucht finden."

Gisela Bonn. Unter Hippies. Düsseldorf, Wien 1968

 Man nennt sie Hippies oder Gammler  Der älteren Generation sind sie ein Dorn im Auge, ein Stachel im Fleisch. Sie ist mit ihrem Urteil schnell bei der Hand...

So sehen sie aus: Deutschlands Gammler. Langhaarig, trinkfest, schmuddelig, gleichgültig, lungern sie an den Ecken der Nationen: Am Ohr oder um den Hals blechernes Geschmeide, um die Hüften zerfranste Jeans, an jedem Fuß eine andersfarbige Socke, eher aber noch ohne Strümpfe und Schuhe. Ihre Gewänder beschriften sie mit Protest-Gestammel oder Nonsens-Floskeln: ‘Beethoven for ever', ,Die Mauer muß weg', ,Gammler vermehrt Euch'. Sie waschen sich, wenn überhaupt, unter dem Springbrunnen oder auf Warenhaus-Toiletten. Sie ernähren sich von milden Gaben... Sie nächtigen in Parks, Streusandkisten, Autowracks und halbfertigen Neubauten. Sie sorgen nicht um ihr Leben und erstreben keinen persönlichen Besitz (ein nacktfüßiger Berliner Gammler mit Bart und Abitur:«Ich halte es wie Kalle Marks, der hielt auch nichts von dieser Eigentumsscheiße.») 
Und sie kennen auch ein Vorbild: >Jesus war der erste Gammler.<

DER SPIEGEL 1966, Nr. 39, S.70

II.

Das Wort 'Hippie' ist entstanden aus dem anglo- amerikanischen hip = eingeweiht, unter dem Einfluss von Drogen stehend. Es bezeichnet die Anhänger einer unorganisierten jugendlichen Protestbewegung, die um 1965 in den USA, vornehmlich Kalifornien, entstand und bald Anhänger in der ganzen Welt fand. Die Hippies protestierten friedlich gegen Kultur und politische Ordnung der modernen Wohlstands- und Leistungsgesellschaft. Statt eine differenzierte Weltanschauung zu entwickeln, führten sie ein Leben in friedvoller, freier, natürlicher Gemeinschaft, die von freier Liebe und sexuellem Genuss (Love generation), Farbenpracht und Blumenschmuck (Blumenkinder) sowie durch Drogengenuss stimulierten psychedelischen Festen geprägt war. Gegen die Monotonie und Erstarrung der bürgerlichen Gesellschaft, gegen Verlogenheit und Kriegstreiberei, gegen Materialismus und Gefühlskälte setzten sie neue Erlebnisweisen und als 'Kampfmittel' die 'Flower Power' ...und Musik. 

'Hauptstadt' war San Francisco, wichtige musikalische Vertreter waren - neben vielen anderen - Janis Joplin,  Jimi Hendrix und Jim Morrison, die große Hymne auf die Hippie- Welt und ihre Devise "Make love, not war" war das Musical "Hair".